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19.07.2025, 09:20 Uhr
Anmerkungen zu der medialen Gegenoffensive in Sachen Frauke Brosius-Gersdorf (II)
Teil 2 – Die Flankierung (Nachdiskussionen bei Lanz am 15. und 16. Juli)
 

Im Nachgang zu dem ausführlichen Gespräch von Markus Lanz mit Frauke Brosius-Gersdorf (der entsprechende Text (Teil 1) ist hier) gab es in der gleichen Sendung und in der Sendung am Folgetag noch weitere Debatten um diese Wahl, deren Taktiken der medialen Gegenoffensive ich gerne weiter analysieren möchte.

Neben dem schon von Frauke Brosius-Gersdorf eingeführten Kampagnenvorwurf, der Schuldverschiebung und Opferkarte, dem Verstecken hinter dem Status als Wissenschaftlerin kommt als weiterer vermeintlicher Trumpf hier noch mal die Frauenkarte ins Spiel.

 Akteure sind die Journalistin Anna Lehmann von der taz in Lanz-Sendung vom 15. Juli und am folgenden Tag die Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag Britta Hasselmann, die sicherlich zum inneren Kern der politischen Masterminds der Gesamtkampagne zu zählen ist.

Dabei gibt es Redundanzen und Verstärkungen zur der von FBG persönlich vertretenen Linie, aber auch ein zusätzliches „Argument“.

 

Im Detail:

 

A Kampagnenvorwürfe, Schuldverschiebung, Opferkarte

 

Anna Lehmann verstärkt massiv das Kampagnenmotiv und versucht insbesondere den von der grünen Fraktion gesetzten Spin vom eigentlichen Wahltag zu verstärken: Das Problem wäre nicht Frauke Brosius-Gersdorf, sondern die Unionsfraktion, die sich nicht an Verabredungen hält. Frauke Brosisus-Gersdorf „ist das Opfer“ – das ist ein wörtliches Zitat von Anna Lehmann. Auch Britta Hasselmann betont diese Punkte in der zweiten Sendung.

 

B Schuldverschiebung an Merz und Spahn

 

Eng mit dem letztlich absurden „Kampagnevorwurf“ verbunden ist der penetrante Versuch der vermeintlichen Demaskierung von persönlich Schuldigen:  Anna Lehmann verstärkt dieses Schuldnarrativ massiv: Es ist nicht etwa die Verantwortung der SPD, die sich in den guten alten Zeiten kartellartig ein sehr großzügiges Vorschlagsrecht gesichert hat eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorzuschlagen, der in der Mitte der Gesellschaft so anschlussfähig ist, dass ohne größere Probleme eine 2/3-Mehrheit im Bundestag erreicht werden kann. Nein, es wird Merz und Spahn vorgeworfen, dass sie die Probleme mit der Kandidatin nicht vorhergesehen haben. Eine bizarre Verkehrung der wirklichen Verhältnisse: Die von den Wählerinnen und Wählern mit 16% ausgestattete Regierungsminderheitspartei verfügt über 120 Mandate (das sind im BT übrigens 19%) und versucht mit Hilfe ihres alten Ampelkoalitionspartners, den Grünen, linksradikale Kandidaten gegen die liberal-konservative Mehrheit des Hauses durchzudrücken, obwohl es nicht einer einfachen oder absoluten, sondern einer 2/3-Mehrheit der abgegebenen Stimmen bedarf.

Groteske Minderheitenanmaßung: Zusammen mit den Grünen kommt die SPD nur auf 205 Stimmen (ca. 30%), ähnlich viel, wie die Union, die 208 Stimmen hat - die Merzregierung plus die Grünen erreichen aber nicht mal 2/3 der Stimmen des Hauses, sondern nur 413/420 Stimmen – es müssten also bei Maximalpräsenz zusätzlich noch Stimmen von AfD oder Linkspartei gewonnen werden um eine Wahl in das Verfassungsgericht wirklich seriös abzusichern.

Natürlich ist der Vorwurf Richtung Union, insbesondere Richtung Friedrich Merz, nicht völlig unberechtigt. Den Prozess, wie er gelaufen ist, verteidigt in der Union niemand ernsthaft. Und die CSU und die zuständigen Kollegen aus Bundestag und Bundesrat im Richterwahlausschuss haben die Kandidatin tatsächlich als wählbar deklariert, ein typisches taktisches Geschiebe in guter alter Merkelmanier.

Trotzdem liegt die Hauptverantwortung natürlich bei der nominierenden 16%-Fraktion, der SPD. Der Vorwurf, insbesondere gegen Jens Spahn, ist absurd und ein politisches Ablenkungs- und Druckmanöver.

 

C Verstecken hinter dem Status als Rechtswissenschaftlerin

Die taz-Journalistin Anna Lehmann verstärkt auch noch mal den Punkt, dass Frauke Brosius-Gersdorfs radikale Ansichten und Analysen aus ihrer Zeit als Rechtswissenschaftlerin stammen und damit wohl unter eine Art akademischen Kuriositätenschutz gestellt werden sollten.

Zusätzlich führt Anna Lehmann dann noch den Aufruf von 300 Rechtswissenschaftlern ins Feld – dabei hat die (aber auch notwendige) fachliche Qualifikation von Frau Prof. Gersdorf nach meiner Kenntnis wirklich niemand angezweifelt. Diese Qualifikation teilt Frauke Brosius-Gersdorf aber garantiert mit mindestens 50-100 anderen exzellenten, hochqualifizierten Rechtswissenschaftlern und Volljuristen – die Frage ist doch, ob sie die am besten geeignete Wissenschaftlerin/Juristin ist.

Und da sind ja mittlerweile die Zweifel turmhoch.

 

D Frauenkarte

Diese Komponente ist der große Unterschied zwischen der Eigenverteidigung von Frauke Brosius-Gersdorf und ihrem medial-politischen Flankenschutz – Frau Prof. Brosius-Gersdorf hat diese Karte, taktisch klug aus meiner Sicht, nicht selber gespielt, sondern überlässt diese Spalterdiskussion ihrer Unterstützern.

Journalist Anna Lehmann spielt diese Frauenkarte sehr offensiv – ein Narrativ, was auch von den Grünen am Tag der Wahl gesetzt wurde – Britta Hasselmann rief da ja gar zum Genderkampf auf: „Frauen, lasst Euch das nicht bieten“.

Anna Lehmann zieht dieses „Argument“ meines Erachtens nach an den Haaren in die Arena: Zunächst postuliert sie an Hand von Stephan Harbarth, dass ein Rollenwechsel beim Eintritt ins Verfassungsgericht wohl völlig unproblematisch sei. Dieses „Argument“ ist an sich schon ziemlich halbseiden, denn der Wechsel von Stephan Harbath war sehr umstritten, aber war vor allem ein Wechsel aus einer exponierten Stellung (hochrangiger MdB und Parteipolitiker) in eine andere (Verfassungsrichter).

Dagegen ist der Wechsel von FBG von dem akademischen, sehr eigenen elitären Regeln genügenden Beamtenelfenbeinturm in die raue Welt der öffentlichen Verantwortung ja doch ein ganz anderer Vorgang.

Vollends absurd wird es aber, wenn Journalistin Anna Lehmann aus ihrem Postulat eine politische Unterstellung konstruiert: Da der Wechsel bei Harbath funktioniert hat, fragt Anna Lehmann rhetorisch-demagogisch, warum ein solcher Wechsel bei Frauke Brosius-Gersdorf nicht funktionieren sollte? „Nur weil sie eine Frau ist“?

So geht missbräuchliche neudeutsche Kommunikation: Die Frauenkarte wird einfach mit einer absurden Unterstellung und Argumentation ohne sachliche Basis in die Diskussion reingezwungen.

Ist diese politisch-demagogische Note schon schwer zu ertragen, so setzt Anna Lehmann in der Debatte um den Lebensschutz noch einen drauf: „Für sie als Frau“ sei das Problem fachlich ganz einfach. Und erzählt dann etwas, dass mit „Gefäß“, was ich nicht verstanden habe, aber vielleicht auch eh nicht verstehen kann, denn ich bin ja ein Mann.

Dass sich aus dem Frausein aber kein Menschenrecht auf Kindermord herleiten lässt (ich formuliere dies bewusst sehr überspitzt), ist wohl genauso etwas, was mensch als Mann oder Frau einfach verstehen kann. Ich, als Mann, Ehemann und Vater (auch dies mache ich nur um die Absurditäten dieser Art Herleitungen deutlich zu machen), verstehe dies jedenfalls sehr gut.

Nein, das Thema Abtreibung ist alles andere als ein einfaches Thema, weder für Frauen, noch für Männer. Es ist ein hochdiffiziles gesellschaftliches Thema. Ein Thema, was eines absolut sensibel und ausgleichend agierenden, den Rechts-, Familien-, Religions- und Gesellschaftsfrieden im Blick haltenden höchsten deutschen Gerichts bedarf – Frauke Brosius-Gersdorf hat sich hier insbesondere „als Wissenschaftlerin“ nicht nur nicht qualifiziert, sondern aus meiner Sicht klar disqualifiziert.

Britta Hasselmann hatte das unsägliche Frauenargument übrigens als Erste gebracht, bei ihrer Wutrede direkt bei Absetzung der Wahl im Bundestag – interessanterweise wiederholt sie den Punkt bei Lanz in der zweiten Sendung zwar noch mal, aber mit deutlich weniger Furor – vielleicht ist ihr selber klar geworden, dass dieser Vorwurf (so richtig er bei echter Frauenfeindlichkeit ist) für den konkreten Fall Brosius-Gersdorf absolut unpassend ist – Frauke Brosius oder auch die zweite SPD-Kandidatin Frau Kaufhold, die Hasselmann auch noch erwähnt werden nicht wegen ihres Geschlechts, sondern wegen ihrer politisch-juristisch-medialen Positionen kritisiert.

Es ist wirklich mal eine sehr inhaltliche Debatte. Und es ist außerordentlich ärgerlich, dass mit den Grünen gerade die Partei die Diskussion vergiftet, die früher immer stolz darauf war, dass für sie die inhaltlichen Fragen zentral sind. Und auch dieser Punkt ist wichtig, da dies in deutschen Debatten immer fast reflexartig kommt: Ein falsches Argument wird nicht dadurch richtig, dass dagegen falsch argumentiert wird oder von der Gegenseite unzulässigerweise ein Moraldenunziationsvorwurf kommt: Das Verhalten von Annalena Baerbock oder das Agieren der Grünen in der causa Gelbhaar hat nichts, aber auch gar nichts mit der vorliegenden Wahl zu tun.

Die Frauenfrage hat aber auch überhaupt nichts mit der vorliegenden Wahl zu tun. Und diesen Punkt sende ich Richtung Britta Hasselmann: Frauke Brosius-Gersdorf redet selber, vermutlich „als Wissenschaftlerin“ der strengen Parität das Wort – wenn also die grüne Frauen-Männer-Platzdenke, der Freiheitsgott behüte uns davor, in das Wahlverfahren für das Bundesverfassungsgericht Einzug halten sollte, dann würde wohl hoffentlich niemand behaupten, dass die Geschlechterfrage bei den beiden in Rede stehenden Kandidatinnen eine Rolle spielt.

Resümee:

Ich kann diesen Punkt nicht oft genug wiederholen: Der Versuch der Besetzung des Verfassungsgerichts mit linken, radikalen Juristen durch SPD und Grüne ist eine Art Endgegner für die freiheitlich-demokratischen Kräfte in der Auseinandersetzung mit der unterwanderten und teilweise vollkommen übernommenen Bundesrepublik-Maschinerie.

Aber die Freiheit ist stärker: Venceremos.

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